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Yasin Sadaks Flucht nach Bangladesch: „Ich habe nur überlebt, weil ich für tot gehalten wurde“

Die Schusswunden an seinem Unterarm und an seiner Hand schmerzen Yasin Sadak* heute noch. Sie erinnern ihn täglich an die Nacht im August 2017, als er aus seinem Dorf vertrieben wurde. Die Schüsse trafen ihn, als er vor Angreifern wegrannte. Er hatte sich eigentlich, trotz der schwierigen Lebensbedingungen und täglichen Diskriminierungen, fest vorgenommen in Myanmar zu bleiben. „Ich bin ein Bürger dieses Landes. Warum sollte ich gehen?“, erklärt er seine Entscheidung. Doch als der Konflikt zwischen der Regierung Myanmars und den Rohingyas immer gewalttätiger wurde, rannte auch er. „19 Menschen wurden vor meinen Augen exekutiert“, berichtet er, „ich selbst fiel bewusstlos zu Boden. Das war mein Glück. Die Angreifer hielten mich wie die vielen anderen Herumliegenden für tot und ließen mich zurück.“ Am nächsten Morgen fanden ihn fünf Männer. Sie brachten ihn zum Chittagong Medical College Hospital. Hier blieb er drei Monate. In der Zeit wurden seine Schusswunden behandelt.

Sadak ist ein Angehöriger der Rohingya, einer muslimischen, in Myanmar ansässigen Minderheit, die schon immer vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt war. Mit den gewaltsamen Konflikten und den Vertreibungen nach Bangladesch im August 2017 fand der Konflikt seinen Höhepunkt.

Letzte Zufluchtsstätte Kutupalong: Das Flüchtlingscamp für die Rohingya wächst, Hilfe kommt kaum nach

Heute lebt Sadak zusammen mit seiner Familie im Kutupalong Megacamp in Cox’s Bazar in Bangladesch. Die 16-köpfige Familie, die in Myanmar in einem Haushalt zusammenwohnte, lebt nun aufgeteilt in drei Camp-Einheiten. „Unsere Unterkünfte bestehen hauptsächlich aus Bambus und Plastikplanen“, berichtet Sadak. Der gerodete Waldboden, auf dem das Camp errichtet wurde, ist jedoch nicht für die Monsunmonate von Juni bis August geeignet. Die heftigen Regenfälle drohen große Teile des Flüchtlingscamps buchstäblich wegzuschwemmen. Der Basisbedarf bleibt nach wie vor riesig: Es fehlt an sanitären Anlagen. Auch die Bedarfsdeckung der Menschen mit Nahrungsmitteln sowie die medizinische Versorgung sind auf das Lebensnotwendigste beschränkt.

Wie Sadak erreichten die meisten Geflüchteten Bangladesch traumatisiert und in einem sehr schlechten Gesundheitszustand. „Gemeinsam mit einer lokalen Partnerorganisation unterhalten wir zwei Gesundheitsstationen, mit denen wir etwa 20.000 Camp-Bewohner versorgen können“, berichtet Cordula Wasser, Leiterin Asien, über unsere Arbeiten in Kutupalong. „Wir behandeln unter anderem Infektionskrankheiten und Wunden oder betreuen Schwangere bei Geburten“, führt Wasser näher aus. „In Sachen Ernährung wollen wir für die Schwächsten im Camp da sein. Wir identifizieren Schwangere, Stillende und Kinder und versorgen sie mit zusätzlicher, dringend benötigter Ernährung.“. Bei der Campgröße von rund 800.000 Flüchtlingen wird jedoch klar, dass weltweit viel mehr Hilfe mobilisiert werden muss, um den vertriebenen Rohingya nachhaltig Hoffnung und Zuversicht geben zu können. 

Wir versorgen 20.000 Geflüchtete in Kutupalong

Rohingya: Vertriebene ohne Heimat?

Sadak kann es nicht abwarten in seine Heimat zurückzukehren. Davon träumt er, auch wenn die Regierung ihn nie wie einen Staatsbürger behandelt hat. Die Art und Weise der Diskriminierung vor der Eskalation im August 2017 war bereits vielfältig und fand auf vielen Ebenen statt: Die Rohingya sind faktisch staaten- und größtenteils rechtelos. Sie dürfen in Myanmar nicht wählen, haben keinen Zugang zu höherer Bildung und dürfen offiziell nicht aus Rakhine, ihrem Heimatstaat, ausreisen. Auch innerhalb des Landes können sie sich kaum frei bewegen. Ihre religiösen Stätten wurden zerstört. Die Dörfer und Siedlungen der Rohingya gelten in Myanmar als illegal erbaut und können unangekündigt beschlagnahmt oder zerstört werden, genau wie ihr Privatbesitz. 

Yasin Sadak* im Interview

Ungewisse Zukunft für die Rohingya

Die Rohingya träumen davon, sicher zurückzukehren und ein würdevolles Leben zu leben. Dazu würde gehören, dass die Rohingya die Staatsbürgerschaft anerkannt bekommen und Entschädigungsleistungen für ihr zerstörtes Hab und Gut erhalten. Es sieht derzeit jedoch nicht danach aus, dass dies in naher Zukunft eintreten wird.   

Umso mehr sehen wir es als unsere aktuell dringendste Aufgabe an, die Lebensbedingungen der Geflüchteten im Camp nachhaltig zu verbessern und ihnen Perspektiven für ein Leben in Gesundheit und Würde zu bieten.

Wollen Sie unsere Arbeit in Bangladesch fördern? Wir sind auf Ihre Unterstützung und auf Gelder angewiesen. Jede Spende bedeutet einen großen Beitrag für unsere Arbeit und die Menschen in Bangladesch.

 

*Name geändert

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