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Kampf gegen die Unterernährung von Kindern in Pakistan

Es ist Juli im Jahr 2023, als das medizinische Personal in unserer Gesundheitsstation in einem Flüchtlingscamp im Norden Pakistans einem 12-monatigen Jungen ein Messband um den Oberarm legt. Der kleine Junge heißt Sardar. Unsere Mitarbeitenden möchten herausfinden, ob er unterernährt ist.

Das geht mit dem MUAC-Band bei Kindern zwischen sechs Monaten und fünf Jahren schnell und verlässlich. Die Abkürzung MUAC steht für „Middle-Upper-Arm-Circumference“, also den Umfang des mittleren Oberarms, anhand dessen das Level an Unterernährung bei Kindern bestimmt werden kann.

Auf dem MUAC-Messband, das sich um den Arm des kleinen Sardar schlingt, befindet sich ein grüner Bereich. Das Band wird fester gezogen und ein gelber Teil des Bandes ist kurz zu sehen. Als das Messband eng am Arm des Jungen anliegt, ist die Farbe rot, der Umfang liegt bei nur 9,5 cm. Es ist klar: Sardar leidet an akuter Mangelernährung. Zu diesem Zeitpunkt wiegt er gerade einmal 6 kg. Eine medizinische und ernährungstherapeutische Versorgung ist jetzt unerlässlich.

Das Team unserer Gesundheitsstation führt sofort erste Behandlungen durch und überweist Sardar an eine staatliche Gesundheitseinrichtung für ein Ernährungsprogramm. Dies wurde spezifisch für die Bekämpfung akuter Unterernährung mithilfe von "Ready-to-Use Therapeutic Food", also gebrauchsfertiger therapeutischer Nahrung, aufgesetzt. Wir begleiten gleichzeitig seine Fortschritte engmaschig.

Viele Kinder erholen sich bemerkenswert schnell dank therapeutischer Nahrung

Im August wird das Band erneut angelegt. Zwar ist er noch im roten Bereich, doch hat sich der Umfang verbessert: 10,5 cm. 1 kg hat Sardar in der Zwischenzeit dank der Zusatznahrung zugenommen. Mitte September dann die nächste Messung: 12,5 cm. Sardar ist endlich an der Grenze zum grünen Bereich, ein beachtlicher Fortschritt für den Jungen und eine große Erleichterung für seine besorgten Eltern. Aufgrund der Verbesserung seines Ernährungszustandes kommt Sardar nun in ein Programm gegen moderate akute Mangelernährung, das sowohl therapeutische Ernährung als auch vorbeugende Ernährungsmaßnahmen umfasst, die eine erneute Unterernährung ausschließen sollen. Ende September legen wir das Band erneut an: 13,5 cm bei einem Gewicht von 9 kg. Sardar und seine Eltern haben es geschafft und sind nun auf dem besten Weg zu einem Leben in Gesundheit und Würde.

So wie Sardar geht es vielen Kindern afghanischer Geflüchteter, die in und um die verschiedenen Flüchtlingscamps in Pakistan leben:

Der 17-monatige Hazrat Bilal wiegt nur 7 kg bei einem MUAC von 11,3 cm, als er mit schwerem Durchfall in unsere Gesundheitsstation kommt. Die 18-monatige Haya Noor ist so geschwächt, dass sie ganz aufgehört hat zu essen, als ihre Eltern sie zu uns bringen. Ihr Gewicht liegt bei 10 kg, ihr Oberarm-Umfang misst nur 10,5 cm. Hazrat Bilal und Haya Noor nehmen wie Sardar schnell an Gewicht zu und sind nach einigen Monaten Behandlung auf einem guten Weg, die Unterernährung hinter sich zu lassen.

Nachhaltig gesund bleiben durch die Vermittlung von Wissen rund um richtige Ernährung

Neben der Bereitstellung von Zusatznahrung und gesunden Lebensmitteln, ist die Vermittlung von Wissen rund um richtige Ernährung ein ebenso wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltig ausgewogenen Ernährung. Sowohl während der Schwangerschaft als auch bei Kleinkindern reicht das Vorhandensein von Essen allein nicht aus, um gesund zu bleiben. Es muss das richtige Essen sein. Besonders für frischgebackene Eltern, die aufgrund von Flucht und Vertreibung den Kontakt zu älteren, erfahreneren Familienmitgliedern verloren haben und entwurzelt in Camps leben, ist es schwierig, Informationen über Kinderbetreuung, Pflege und Ernährung zu erhalten. Denn viele Menschen in Afghanistan und Pakistan, gerade Frauen, denen häufig die Schulbildung verwehrt bleibt, können weder lesen noch schreiben.

Bei dem 16 Monate alten Uzair führt der fehlende Zugang zu Wissen und Informationen zu einer schweren akuten Unterernährung. Als Uzair sechs Monate alt ist, hört seine Mutter mit dem Stillen auf und ernährt ihn fortan mit Getreideprodukten wie Müsli oder Keksen, und nur wenig Obst und Gemüse. Langsam, aber stetig verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, er verlor seinen Appetit und wurde immer schwächer. Als seine besorgten Eltern schließlich gesundheitliche Unterstützung und Rat in unserer Gesundheitsstation suchen, ergeben die ersten Messwerte einen MUAC von 11,2 cm und ein Gewicht von 10 kg. Von unseren medizinischen Mitarbeitenden erhalten die Eltern umfassende Informationen zu altersgerechter Ernährung, die alle wichtigen Lebensmittelgruppen umfasst, und in Form von kleinen, häufig zubereiteten Mahlzeiten über den Tag verteilt angeboten werden sollte. Bereits nach zweieinhalb Monaten zeigt Uzair bemerkenswerte Fortschritte. Sein Gewicht steigt, und sein MUAC-Wert deutet auf eine vollständige Genesung hin.

Hunger und Unterernährung in Pakistan

Schon vor der Flutkatastrophe von 2022 hatte mehr als ein Fünftel der Bevölkerung in Pakistan keinen ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln. Die Flut zerstörte landwirtschaftliche Flächen, die Lebensgrundlagen der ohnehin armen Bevölkerung und auch den Zugang zu Gesundheitsversorgung. Im Juni 2023 waren mehr als 10 Millionen Menschen in Pakistan von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen. In den Regionen des Landes, die am stärksten von der Flut betroffen waren, sind mehr als 3,5 Millionen Kinder schwer unterernährt. Fast die Hälfte der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren ist auf Unterernährung zurückzuführen. (Quelle: BMZ)

Wir stellen für afghanische Geflüchtete und die pakistanische Bevölkerung in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa lebensnotwendige humanitäre Hilfe, Basisgesundheitsdienste und die Versorgung mangelernährter Kinder und Schwangerer sicher.

Die Geschichten von Sardar, Hazrat Bilal, Haya Noor und Uzaire stehen beispielhaft für die Erfahrungen vieler Kinder in Pakistan und Afghanistan. Doch öffnen sie nicht nur die Augen für die widrige Lebenssituation von Menschen auf der Flucht und in Krisengebieten, sondern auch für ihre Widerstandskraft und die Stärke, mit denen die Menschen diesen Herausforderungen und Problemen begegnen. Dank der Unterstützung durch die EU und Spenderinnen und Spender wie Ihnen sind wir in der Lage, Kindern und ihren Eltern in Pakistan die notwendige Unterstützung im Kampf gegen die Unterernährung bereitzustellen.

Mit Ihrer Spende können auch Sie helfen!

(Dezember 2023)

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