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"Die Angst vor Ebola ist groß"

Wie kann man die aktuelle Situation in der DR Kongo beschreiben? Was denken die Menschen über Ebola? Halten sie die Situation für ernst oder nicht?

Die gegenwärtige Lage ist ernst, alle internationalen und kongolesischen Medien berichten über den Ebola-Ausbruch. Hier machen sich jetzt alle Sorgen, weil es nun mehrere bestätigte Fälle in unserer Provinz Ituri gibt. Die DR Kongo erlebt seit 1976 zum zehnten Mal einen Ebola-Ausbruch. Ein Virus vom Typ Zaire, die virulenteste und tödlichste Form, wurde vor kurzem in Beni (Nord-Kivu) identifiziert. Die Bevölkerung hat mehr Angst vor Ebola als vor anderen Krankheiten, weil der Verlauf in mehr als der Hälfte der Fälle tödlich endet. Ebola ist sehr ansteckend und wenn sich jemand mit dem Virus infiziert hat, müssen alle Personen die mit dem Infizierten Kontakt hatten kontrolliert und überwacht werden, bis die Inkubationszeit vorüber ist. 

Warum tritt Ebola im Kongo auf? Was sind begünstigende Faktoren?

Es gibt einige Faktoren, die den Ausbruch hier begünstigen: Es gibt viele Fledermäuse, die Träger des Virus sind und Wildtiere damit anstecken. Traditionell wird viel Wildfleisch verzehrt und das Bewusstsein der Bevölkerung über eine mögliche Ansteckungsgefahr ist gering. Hinzu kommen die schlechte Hygiene und unzureichende Möglichkeiten zum Handwaschen auf öffentlichen Plätzen wie Bushaltestellen, vor Märkten, Kirchen, Schulen, Universitäten oder Krankenhäusern. Auch die Ausstattung des Gesundheitswesens ist nicht gut und das Virus kann sich so schneller verbreiten. Betroffen sind vor allem sehr arme Regionen, in denen die Menschen noch immer unter den Folgen bewaffneter Konflikte leiden. Es gibt kaum Infrastruktur, die Straßen sind schlecht und Ortschaften schwer zugänglich.

Was sind Folgen von Ebola für die Betroffenen und die Gesellschaft in der DR Kongo?
Am schlimmsten für die Menschen ist natürlich der häufig tödliche Verlauf der Krankheit. Betroffene Familien sehen sich zudem sehr schnell einer Stigmatisierung ausgesetzt und erfahren oft Ausgrenzung in ihren Gemeinden. Die Angst vor Ebola ist groß und es gibt eine gewisse Paranoia in der Gesellschaft, aber auch im Gesundheitswesen.

Die Krankheit zwingt die Menschen dazu, viele traditionelle Gewohnheiten zu ändern: In unserer Kultur berühren wir beispielsweise die Leiche vor der Beerdigung, aber nun kann dies nun nur noch das ausgebildete Personal mit Schutzkleidung tun. Auch die traditionelle Ernährung muss sich ändern: Im Kongo essen viele Menschen Wildfleisch und das ist eine große Gefahr. Zur Begrüßung geben sich zudem viele die Hand ohne sich vorher die Hände zu waschen.

Gibt es noch andere Themen, die die Menschen vielleicht sogar noch mehr belasten? 
Die Menschen machen sich auch Sorgen über Politik oder andere Themen, das ist klar, aber Ebola ist momentan wirklich das größte Thema. Die Bevölkerung ist sich der tödlichen Gefahr des Virus sehr bewusst. Es wird viel zu Ebola kommuniziert und die Informationen kommen gut durch. Es ist jetzt die zehnte Epidemie in der DR Kongo und die Menschen haben verfolgt, was in den vergangenen Jahren passiert ist.

Wie beurteilen Ärzte und andere Experten das mittelfristige Risiko dieses Ausbruchs?
Wir haben gute Hoffnung, dass die Epidemie dieses Mal nicht so schlimm wird und dass sie nur ein paar Wochen oder Monaten dauern wird. Wir haben sehr viel von den Erfahrungen der letzten Ausbrüche gelernt und glauben, dass die Prävention sehr wichtig ist, zum Beispiel durch Ausbildung und Sensibilisierung der Bevölkerung. Es gibt zurzeit viele Präventionsmaßnahmen, die Malteser International auch bereits seit Jahren in seinen Gesundheitsprojekten umsetzt. Das umfasst beispielsweise die Handhygiene, Vermeidung von Verletzungen durch Nadeln und andere scharfe Instrumente, Reinigung und Desinfektion von Pflegegeräten wie Stethoskopen oder Thermometern, aber auch verstärkte Vorsicht in der Abfallwirtschaft.

Glauben Sie, dass sich Ebola auf die Nachbarländer, insbesondere Uganda, ausbreiten kann?
Die Ausbreitung in Nachbarländer, insbesondere nach Uganda, ist insofern möglich, weil nicht alle Grenzübergänge zwischen Uganda und der DR Kongo wirksam kontrolliert werden (Fieber messen, Hände waschen). Es gibt einen regen Handel zwischen beiden Ländern und auch Uganda hat schon mehrere Ebola-Ausbrüche erlebt. Es ist wichtig die Grenzkontrollen zu intensivieren.

Wie hilft Malteser International bei der Prävention?
Malteser International hat in Zusammenarbeit mit der Gesundheitszone Ariwara ein Notfallmanagementkomitee für Epidemien eingerichtet, dem alle Bevölkerungsgruppen angehören. Wir haben auch die Gesundheitsakteure ausgebildet und die Sensibilisierung der Bevölkerung zu den Themen Wildfleisch und Fledermausfleisch verstärkt. Dieses Fleisch sollte nicht gegessen werden. Darüber hinaus sensibilisieren wir die Menschen darin, sich während der Epidemie nicht die Hände zu schütteln, nicht die Leiche einer toten Person die an Ebola gestorben ist zu berühren und sich die Hände regelmäßig mit gechlortem Wasser oder Alkohol zu waschen. Es ist geplant zusätzliche Handwaschstationen an verschiedenen öffentlichen Orten aufzustellen.

Darüber hinaus arbeiten wir daran, in sieben von uns betreuten Gesundheitszonen persönliche Schutzausrüstung vorzuhalten und sind gerade dabei eine mobile Isolationseinheit anzuschaffen, die in unseren Projektgebieten und darüber hinaus zum Einsatz kommen kann. Diese wird aus vier Zelten bestehen: ein Zelt für Verdachtsfälle, ein Zelt für bestätigte Fälle, ein Zelt für geheilte Patienten und ein Zelt für das Personal. Wir haben die verschiedenen Ausrüstungsgegenstände und Zelte für die Station bestellt und hoffen diese bald zu bekommen.

Was brauchen die Menschen vor Ort am nötigsten?
Die Gesundheitszentren brauchen mehr Geld um die Prävention zu verstärken. Dafür fehlen aktuell die notwendigen Mittel. Es werden mehr medizinisches Material, Schutzausrüstungen und mehr Handwaschstationen benötigt.

Für die Aufklärung der Bevölkerung ist der Einsatz von Freiwilligen sehr wichtig: Überlebenswichtige Informationen müssen in Kirchen, Schulen und in allen Gemeinschaften weitergegeben werden. Es gibt viele Freiwillige in den Gemeinden, aber auch sie müssen geschult werden und brauchen finanzielle Unterstützung, um für ihre Reisen und ihr Essen zu zahlen.

Jules Tanganika arbeitet seit fast 13 Jahren für Malteser International in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo). Der 50-Jährige ist am Standort Ariwara als Peripheral Technical Assistant (ATP) für die fachliche Betreuung von Gesundheitszentren und der Gesundheitszone Aba im Nordosten der DR Kongo zuständig. Dies umfasst neben technischer Beratung der Zentren auch die Unterstützung bei der Verwaltung von Lagerbeständen (insbesondere Medikamente) und der Finanzen der Gesundheitszentren. Darüber hinaus schult er Studenten und Krankenhauspersonal in Präventionsfragen und ist für die Evaluation der Gesundheitsprogramme verantwortlich. 

Malteser International ist bereits seit Jahren in der Vorbereitung auf Epidemien tätig: In neun Gesundheitszonen in drei Provinzen im Norden und Nordosten der DR Kongo schulen wir Gesundheitspersonal in Gesundheitseinrichtungen, Krankenhäusern und der Verwaltung in der Infektionsprävention und verbessern die Wasser-, Sanitär- und Hygieneverhältnisse an Gesundheitseinrichtungen. Eine Gesundheitszone umfasst in der Regel etwa fünfzehn Gesundheitszentren und ein Refenrenzkrankenhaus und 8.000 bis 100.000 Einwohner. Finanziert wird die Ebola-Hilfe vom Auswärtigen Amt. Sie erfolgt in enger Abstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), den kongolesischen Gesundheitsbehörden und anderen lokalen Akteuren. 

(16.08.2018, Johanna Osswald)

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