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Interview zur Hilfe für Hirten in Kenia

Projektkoordinator Christoph Brummel über unser Projekt in Illeret in Nordkenia (10.08.2017)

Welche Auswirkungen hat die Dürre auf die Hirten in Kenia?

Die Auswirkungen können regional unterschiedlich sein. Im Norden, wo ich gearbeitet habe, leben die Menschen vorwiegend von der Viehwirtschaft. Ein Teil der Familien zieht mit den Tieren auf der Suche nach Weideflächen und Wasserquellen umher. Bei einer Dürre sind zunächst die Tiere betroffen. Sie magern ab, geben weniger Milch und werden dann zu schwach, um die Distanzen zwischen den Weiden und den Wasserstellen zurückzulegen, die sich durch die Trockenheit noch zusätzlich verlängern. Einige Tiere sterben und spätestens dann betrifft es die Menschen direkt.

Warum ist der Verlust der Tiere so gravierend für sie?

Die Tiere stellen oftmals die einzige Einkommensquelle der Menschen dar. Normalerweise tauschen die Viehhirten die Tiere gegen Mais und Bohnen ein. Eine gesunde, kräftige Ziege kann man gegen einen 50kg-Sack Mais eintauschen bzw. für ca. 3.000 kenianische Schillinge (ca. 24 EUR) verkaufen. Sterben die Tiere, sind sie natürlich nicht mehr eintauschbar bzw. man erhält für schwache Tiere nur noch einen deutlich geringeren Preis. In Zeiten der Dürre steigen zusätzlich noch die Preise für Lebensmittel, sodass die Menschen sich die benötigte Nahrung kaum noch leisten können.

Wie konnten Sie die Situation der Hirten verbessern?

Wir sind schon seit ein paar Jahren vor Ort und sind auch in der gegenwärtigen Dürre aktiv. Um den Viehhirten zumindest ein kleines Einkommen zu sichern, haben die wir ihnen die schwachen Tiere im Tausch gegen Gutscheine zu einem mehr als fairen Preis abgekauft und geschlachtet. Die Viehhirten konnten mit den Gutscheinen in den lokalen Geschäften Lebensmittel kaufen, was den großen Vorteil hat, dass man den Markt nicht durch Lebensmittel aus dem Ausland schwächt und die lokale Wirtschaft unterstützt. Die Lebensmittelhändler erhielten im Tausch für die Gutscheine den Gegenwert in Bargeld von den Maltesern. So bleibt auch das Geld im Land. Die Tiere wiederum wurden dann geschlachtet und das Fleisch an die Familien, die es am allernötigsten brauchten, kostenfrei verteilt. 

Gerade der Norden Kenias war in den letzten Jahren oft von Dürren betroffen. Wie kann hier allgemein Abhilfe geschaffen werden?

Die Menschen sind an das trockene Klima und regelmäßige Dürreperioden gut angepasst. Jedoch bedingt der Klimawandel, dass weniger Niederschläge fallen und der Grundwasserspiegel absinkt. Dadurch werden die Weideflächen knapper, worunter Tieren und schließlich auch Menschen leiden. Mangel- und Unterernährungsraten sind ganzjährig hoch, und spitzen sich bei extremen Trockenheiten zu. Im Fall einer extremen Dürre, wie sie dieses Jahr aufgetreten ist, ist die humanitäre Nothilfearbeit sehr wichtig und Hilfsmodelle, wie Vieh gegen Gutscheine einzutauschen, bringen in der Krisenzeit Linderung. Allerdings sollten diese Hilfsmaßnahmen nur in der akuten Krise eingesetzt werden, da die Bevölkerung sonst ein Stück weit abhängig und unselbständig gemacht wird. Idealerweise entwickelt man bereits zu Beginn der Krise bzw. direkt nach Abwendung der akuten Notsituation Konzepte, die die tieferliegenden Herausforderungen in dieser Region, wie die Veränderungen durch den Klimawandel, adressieren. 

Wie können wir hier langfristig helfen? 

Wir haben das Problem schon vor einiger Zeit erkannt und sind seit längerem mit Projekten aus den Bereichen Infrastruktur und Gesundheit vor Ort. So fördern wir die örtliche Gesundheitsstation, bilden die Mitarbeiter aus, entwickeln Messinstrumente zur Früherkennung derartiger Krisen und unterstützen die Einrichtung finanziell. Darüber hinaus installieren wir zusammen mit den Menschen vor Ort Systeme zur dauerhaften Regenwassergewinnung, um eine konstante Versorgung sicherzustellen. 

Wie ist die Situation in Illeret gerade?

Die Hilfe aus Deutschland ist in der Region angekommen und die gezählten Fälle von Unterernährung sind um etwa 36% zurückgegangen. Zusätzlich pflanzen wir mit den Menschen vor Ort Bäume, und leisten so einen Beitrag zur Reduzierung des Klimawandels. Durch die Arbeit mit lokalen Partnern fördern wir deren Kapazitäten, um zukünftig ohne externe Hilfe Krisen wie die gegenwärtige Dürre zu bewältigen.

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