DR Kongo: Die lange Reise der Medikamente
In der Zentralapotheke in Ariwara klingelt das Telefon. Am anderen Ende der Leitung bestellt Claude Ambiance, Projektleiter in Bondo, eine Lieferung von Medikamenten und medizinischer Ausrüstung, die zunächst nach Bondo geliefert und anschließend in mehreren Gesundheitszentren verteilt werden soll. Zeichnet man auf der Karte einen geraden Strich zwischen Ariwara und Bondo ein, dann kommt man auf eine Strecke von knapp 800 km, die theoretisch an einem Reisetag absolviert werden kann. Allerdings sieht die Realität anders aus … Es beginnt die lange Reise der Medikamente.
Die Bestellung wird abgepackt und im Büro von Malteser International in Ariwara auf einen 15 Tonnen schweren LKW geladen. Der Fahrer, Wadri Andega, und sein Begleiter, Didier Kayumba, bereiten sich schon einmal mental auf die bevorstehende lange Reise vor: „In knapp drei Wochen werden wir erst wieder zuhause sein. Das wird eine anstrengende, aber gleichzeitig auch sehr erlebnisreiche Tour werden“, bemerkt Andega. Da die Medikamente dringend benötigt werden, geht es unverzüglich los zur ersten Station dieser Reise, nach Faradje. Bis dorthin ist die Straße noch befahrbar, ab dann wird der Boden immer schlechter: „Das, was vorher einer Straße glich, verwandelt sich nun immer mehr in eine Ansammlung kleiner und großer Schlammlöcher“, erzählt uns Kayumba, Ingenieur bei Malteser International in Ariwara. Und tatsächlich gleicht die Fahrt mit dem großen LKW schon bald einem Hindernislauf. Immer wieder muss das schwere Gefährt den Löchern ausweichen, bis es schließlich in einem großen Schlammloch steckenbleibt. Die Nacht verbringen die zwei unter freiem Sternenhimmel. Am nächsten Tag müssen sie dann das ganze Wasser schaufelweise und stundenlang aus dem Schlammloch entfernen. Wieder auf dem Fahrersitz und sichtlich erschöpft stellt Andega fest: „Diese Herkulesaufgabe hat uns über fünf Stunden wertvolle Zeit gekostet …“
Flüsse, Malaria und Wegsperrungen
Der Weg gleicht nun immer mehr einer Wasserstraße und schon kurz darauf hat sich das Wasser kniehoch in der Fahrerkabine angesammelt. Wenig später muss Didier Kayumba ins Krankenhaus gebracht werden. Diagnose: Malaria. Zwei Nächste verbringt er in der Klinik. Erst danach kann der LKW wieder die Fahrt aufnehmen und gelangt kurz darauf ans erste Flussufer dieser Reise. Da es keine Brücke gibt, müssen eigens dafür engagierte Helfer den LKW zunächst entladen, dann mithilfe einer motorisierten Fähre leer über den Fluss schiffen, um ihn schließlich wieder zu beladen. „Das gleiche Prozedere steht uns nun auch bei den weiteren Flüssen bevor, die wir überqueren müssen. Es raubt uns zwar kostbare Zeit, doch anders kommen wir nicht über den Fluss, “ erklärt der Fahrer Andega. Auf dem Weg nach Ango versperrt dann plötzlich ein umgefallener Baum den Weg, später sind es lauter Bambusbäume, die die beiden mithilfe von Macheten zerkleinern müssen. Dabei durchbohrt einer die LKW-Scheibe und verletzt Andega beinahe tödlich.
Auf dem LKW, Traktor, Motorrad und Menschenrücken
Im Schneckentempo geht es weiter und das bereits angekündigte nächste Flussufer ist schon in Sichtweite. Wieder wird der LKW entladen, leer herübergeschifft – diesmal ist die Fähre jedoch nicht motorisiert, sondern an zwei Seilen befestigt und wird mit Menschenkraft ans andere Ufer gezogen –und dann wieder beladen. Kleinere Überführungen entlang von Bächen müssen Andega und Kayumba zunächst selbst reparieren, bevor sie sie passieren können. Nach 15 Tagen schließlich erreicht der LKW seine Endstation: Bondo.
Die letzte Etappe, die Verteilung der Medikamente in den einzelnen Gesundheitseinrichtungen, wird von dort mit zwei Traktoren durchgeführt. Auch sie müssen Flüsse überqueren, dafür ent- und später wieder beladen werden. Danach fahren die zwei die restliche Strecke auf Motorrädern und schließlich findet auch die letzte Medikamentenlieferung auf den Rücken von Schleppern ihren Weg zum Ziel. Am Ende stellt ein glücklicher Didier Kayumba fest: „Es war eine lange und kraftraubende Reise, doch wenn ich die strahlenden Gesichter der Menschen sehe, die die Medikamente entgegennehmen, dann hat sich alles gelohnt.
Eindrücke von der Reise
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23. März 2017 Maria Claudia Hacker