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Multiple Krisen treffen die Ärmsten am härtesten

Erst die Coronakrise mit monatelangen Lockdowns, durch die vor allem Tagelöhner jede Möglichkeit verloren, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dann eine jahrelange Dürre in weiten Teilen Ostafrikas und schließlich der Krieg in der Ukraine, in dessen Folge die Preise für Weizen, Öl, Dünger und Benzin auch in Kenia in die Höhe schossen: Auch die Menschen, die in den informellen Siedlungen der Hauptstadt Nairobis leben, sind davon stark betroffen und verzweifelt. Alle Ersparnisse sind aufgebraucht und tausende Menschen sind auf Unterstützung angewiesen.

Von der hochgelegenen Juja Road aus, einer der vielbefahrensten Straßen Nairobis, erstreckt sich beim Blick ins Tal ein Meer aus Wellblech. Dicht an dicht sind die Hütten an den Hügel gebaut und dort, wo die letzten Behausungen stehen, fließt der Mathare River, der dem Viertel seinen Namen gibt. Es ist kein großer Fluss, eher ein Bach, verdreckt von Unrat und Müll, denn in diesem Teil der Stadt, in dem rund 500.000 Menschen leben, kommen keine Müllwagen. Zwischen den Häusern schlängeln sich schmale, unbefestigte Wege, die bei Regen zu Rutschbahnen werden, vor allem dann, wenn die Fußgänger meist nur Turnschuhe oder Flipflops tragen. Abstand halten, weil eine Pandemie wütet, ist hier nahezu unmöglich. Die Wege sind keinen Meter breit.

Für die Menschen, die in Mathare leben, hat sich das Leben seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie verschlechtert, auch wenn dies kaum möglich schien. In den informellen Siedlungen von Kenias Hauptstadt leben vor allem Tagelöhner; die Menschen, die sich täglich aufs Neue auf die Suche nach einem Job machen, von Tür zu Tür gehen in den Vierteln der privilegierten Bevölkerung, und darum bitten, die Wäsche waschen zu dürfen, die Kinder zu betreuen oder andere Tätigkeiten ausüben zu können, für die gerade ein paar Hände gebraucht werden. Doch mit den ersten Lockdowns 2020 brachen diese schlecht bezahlten und unsicheren Einnahmequellen weg, auch für Vivian Otieno. Die heute 28-Jährige wusch viele Jahre lang die Wäsche wohlhabender Menschen, bis Corona kam und damit die Lockdowns. Heute findet sie häufiger wieder Arbeit, Lockdowns gab es bereits längere Zeit nicht mehr, doch das Geld reicht trotzdem nicht. „Ich verdiene rund 100 kenianische Schilling, wenn ich arbeite. Früher konnte ich damit etwas zu Essen für die Familie kaufen, aber das ist jetzt nicht mehr möglich. Alles ist so teuer geworden“, sagt Vivian Otieno.

 

Verteilung von Lebensmitteln als Überlebenshilfe

„Die Menschen in den informellen Siedlungen hatten sich noch nicht von den Folgen der Pandemie erholt, da kamen bereits die nächsten Krisen. Die schwerste Dürre seit Jahrzehnten führte dazu, dass die Preise für Grundnahrungsmittel stiegen, denn Ernten blieben aus. Und selbst der Krieg in der Ukraine war hier zu spüren, denn Benzin, Weizen, Öl – so Vieles wurde teurer. Diese Situation hat vor allem die Menschen hart getroffen, die schon zuvor wenig besaßen. Sie hatten schon vorher kaum Ersparnisse, auf die sie zurückgreifen konnten. Und so wird mittlerweile in vielen Haushalten pro Tag nur noch eine dürftige Mahlzeit auf den Tisch gestellt. Die Menschen in Mathare waren vor der Pandemie arm, aber inzwischen beginnen sie ohne gänzliche Ersparnisse buchstäblich zu hungern“, berichtet Martin Schömburg, Büroleiter von Malteser International in Nairobi.

Malteser International begann bereits kurz nach dem Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 gemeinsam mit dem kenianischen Partner IECE damit, Lebensmittel, wie Bohnen und Reis sowie  Bargeld zu verteilen. Gemeinsames Ziel ist und war es, die größte Not für die Allerärmsten zu lindern. So auch für die Familie von Vivian Otieno. Sie lebt gemeinsam mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in einem Haus, das rund neun Quadratmeter misst. Es gibt keinen Strom, kein fließendes Wasser, keine Toilette, keine Küche, kein Bad. In der kleinen Behausung, für die sie monatlich rund 25 Euro Miete bezahlt, wird auf einem offenen Feuer gekocht, hier wird gegessen, gespielt, geschlafen. Ihre Besitztümer haben sie in die Höhe gestapelt.

Um den Menschen in den Slums wie Mathare auch nachhaltig zu helfen, damit sie keinen Hunger leiden müssen, hielt unsere Partnerorganisation IECE zudem Trainings ab. Sie zeigten den Menschen Wege auf, ein eigenes Geschäft zu eröffnen und sich selbstständig zu machen. In diesen Schulungen lernten sie, Budgets aufzustellen und Kosten zu kalkulieren. Außerdem erhielten sie ein Startkapital. „Das war eine Chance für viele. Es waren kleine Geschäfte, die die Menschen aufmachten, ein Zimmer, in dem zum Beispiel eine Friseurin ihr Geschäft eröffnete. Es hat vielen Menschen dabei geholfen, nicht zu hungern“, sagt Schömburg. Außerdem wurden Frauen und Männer in der Herstellung von Seife und Stoffmasken zum Covid-Schutz ausgebildet, die sie dann verkaufen konnten. Dies half nicht nur dabei, die Menschen besser vor einer Ansteckung zu schützen, sondern verschaffte ihnen auch ein Einkommen.

 

Ältere Menschen leiden besonders unter den steigenden Preisen

Für ältere Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können und keine Familie haben, die sie unterstützen, war und ist die Situation katastrophal. Zum Beispiel für Peter Odera. Er ist 74 Jahre alt. Jahrzehnte lang hat er als Hilfsarbeiter auf dem Bau gearbeitet, aber jetzt ist er an Krebs erkrankt. Familienangehörige hat er keine. Ohne Unterstützung muss er hungern. Deshalb bekommt er derzeit Lebensmittel von Malteser International. „Die Vorräte, die ich von euch bekomme, halten wirklich lange. Ich habe immer noch einiges da. Zum Beispiel Porridge, das habe ich mir gerade gemacht, deshalb ist mir jetzt auch so warm“, sagt Peter Odera. Sein Haus hat er vor vielen Jahren selbst gebaut. Deshalb muss er heute niemandem Miete zahlen, anders als seine Nachbarn. Rund 10 Quadratmeter misst es. Es ist dunkel, denn Fenster gibt es keine. Es ist warm, denn wie alle hier, kocht er auf einem kleinen Holzkohleofen.

Die Krisen überlagern sich

Mary Mwangi ist 94 Jahre alt und auch sie hat keine Familie mehr. „Das Leben ist in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden. Wenn ich krank bin und zum Arzt muss, benötige ich Geld, aber das habe ich nicht. Ich kann mir kaum noch etwas zu essen erlauben. Meine Kleidung passt mir kaum noch, weil ich so dünn geworden bin“, sagt Mary Mwangi. Als sie den Zucker aus der Tüte auspackt, die ihr der Mitarbeiter von Malteser International überreicht, hat sie Tränen in den Augen: „So liebe ich den Tee, mit viel Zucker!“ Fast drei Jahre nach Beginn der Pandemie sind die wirtschaftlichen Folgen durch Corona noch immer zu spüren, auch wenn die Tagelöhner sich wieder täglich auf die Suche nach Gelegenheiten machen, um etwas Geld zu verdienen. Doch hinzu kommen nun die Inflation, die Preissteigerungen durch den Ukrainekrieg und eine Dürre, die mittlerweile dazu geführt haben, dass rund 4,35 Millionen Menschen in Kenia auf Hilfe angewiesen sind.

Darum sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen: Bitte unterstützen Sie uns bei unserer Arbeit in Kenia und spenden Sie für die Menschen.

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