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„Die Situation der Geflüchteten in Uganda hat sich massiv verschlechtert“

Es ist eine beeindruckende Aussicht: Der Blick geht weit über die Buschlandebene, im Hintergrund erheben sich einige Berge. Die Menschen in der neuen „Zone 8“ der Geflüchtetensiedlung Rhino Camp im Nordwesten Ugandas haben dafür jedoch wenig Aufmerksamkeit übrig. In kleinen Gruppen sitzen sie neben halb fertigen Unterkünften auf dem felsigen Boden der Anhöhe, auf der ihnen Land zugewiesen wurde. Ein Junge bemüht sich, mit einer Hacke ein Beet anzulegen.

„Der Boden ist zu steinig, hier können wir nichts anbauen“, beschwert sich eine Gruppe Frauen, die vor ihrer behelfsmäßigen Hütte ein Feuer entzündet haben und Kaffeebohnen auf einem Stein mahlen. Sie werden lange Wege in Kauf nehmen müssen, um anderswo Nahrungsmittel anzubauen. 

Uganda ist das größte Aufnahmeland für Geflüchtete in Afrika. Sie dürfen hier arbeiten, sich frei bewegen und erhalten ein Stück Land, das sie selbst bewirtschaften. Darauf müssen sie ihre Unterkunft errichten, Latrinen bauen und Gärten pflanzen. In der neuen „Zone 8“ sollen einmal bis zu 60.000 Geflüchtete leben – noch fehlt hier jedoch die Basisinfrastruktur. Daher wurden seit der Eröffnung im Juli 2025 bislang auch lediglich 7.000 Menschen dort untergebracht.

Die übrigen Neuankömmlinge wurden in bereits überbevölkerten Gebieten angesiedelt, in denen zwar eine Struktur vorhanden ist, die nun jedoch enorm belastet ist. Die meisten Menschen stammen aus dem Südsudan und der DR Kongo, einige sogar aus dem Sudan. Mehr als 150.000 Menschen, insbesondere Frauen und Kinder, haben aktuell im Rhino Camp Zuflucht gefunden.

Grundversorgung der Geflüchteten gefährdet

„Innerhalb weniger Monate hat sich die Situation für die 1,9 Millionen Geflüchteten, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, im ganzen Land massiv verschlechtert“, berichtet Amandine Desaunay, Länderdirektorin von Malteser International in Uganda. Sie blickt mit Sorgen auf die kommenden Monate. Im Zuge der Budgetkürzungen bei den Vereinten Nationen wurden die Essenrationen des Welternährungsprogramms für die Geflüchteten um 40 Prozent reduziert. Es sind jetzt nur noch 390 Gramm pro Person und Tag – meist Reis oder Mais, Bohnen und Gemüse.

Die neu ankommenden Menschen sind noch die Glücklichen, die diese “volle” Ration erhalten. Nach drei Monaten werden sie vom UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, in eine von drei Hilfskategorien eingeteilt, je nach Schwere des Bedarfs, wie z.B. die Familienkonstellation oder Krankheiten. Nur die Menschen in den ersten beiden Kategorien erhalten dann noch Bargeldverteilungen: 28.000 Schilling pro Person im Monat für Kategorie 1 und 10.000 Schilling (rund 2,50 Euro) für Kategorie 2.

Rund eine Million Menschen sind seit Mai 2025 in Kategorie 3 einsortiert – und damit komplett von der Versorgung des Welternährungsprogramms abgeschnitten. „Wenn kein Essen mehr da ist, dann gehen die Kinder nicht mehr in die Schule, weil alles Geld für Lebensmittel aufgewendet wird und die gesundheitlichen Probleme nehmen zu. Die Folgen sind jetzt bereits verheerend“, berichtet Desaunay. 

Auch für andere Programme ist kein Geld mehr da: Malteser International kümmert sich um die Wasserversorgung für 50.000 Menschen im Rhino Camp und hat in der „Zone 8“ ein Bohrloch gebohrt, um den Neuankommenden Zugang zu sauberem Wasser zu gewährleisten. Aufgrund des steinigen Bodens und der tiefen unterirdischen Grundwasserschicht, musste dafür ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben werden. Dringend benötigte Hilfe – für die ab dem kommenden Jahr kein Geld mehr zur Verfügung stehen wird. Wenn die Wassersysteme jedoch nicht mehr gewartet werden können, ist es lediglich eine Frage der Zeit, bis diese ausfallen und nicht mehr genutzt werden können – und tausende Menschen zu allen anderen Schwierigkeiten dann auch keinen Zugang mehr zu sauberem Wasser haben.

„Für die Geflüchteten bedeutet die ausbleibende Hilfe: Sie haben keinen oder nur sehr eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung, Nahrungsmitteln und Bildung sowie eine unzureichende Wasser- und Sanitärversorgung. Sie werden sich entscheiden müssen, ob sie hier unter diesen Bedingungen bleiben oder unter Lebensgefahr zurück in ihre Heimat gehen – wo die Versorgung auch nicht besser ist“, so Desaunay. Sie geht davon aus, dass die anhaltenden Konflikte in den Nachbarländern eher noch mehr Menschen in die Flucht treiben und die Spannungen dann auch in Uganda zunehmen werden.

Mit der richtigen Unterstützung eine Zukunft aufbauen

Dabei sieht man in den länger bestehenden Siedlungen im Rhino Camp, was mit Unterstützung möglich ist: Traditionelle Häuser stehen in satten Gärten mit gut tragenden Papayabäumen, manche haben üppig blühende Blumen vor der Türe gepflanzt und in kleinen Ställen werden Ziegen oder Hühner gehalten. Im Abendlicht wirken die Siedlungen friedlich und idyllisch.

Der 29-jährige Moses floh im Jahr 2017 vor den Konflikten in Yei im Südsudan. Er kam mit fast nichts und kümmert sich heute um seine sechs Schweine, 16 Ziegen und fast 90 Hühner. Außerdem ist er Sekretär der Ngongi Tali Village Savings and Loan Association (VSLA), einer von 20 Gruppen im Rhino Camp, die von Malteser International in Finanzwissen, Buchführung, Unternehmertum und Geschäftsplanung geschult wurden.

Die wöchentlichen Ersparnisse, mit denen er sich über die Saving Group etwas Kapital aufbaute, halfen ihm, einen kleinen Bauernhof und einen Lebensmittelladen zu gründen. Im kommenden Jahr will er mehr Eier verkaufen, da diese im Rhino Camp schwierig zu bekommen sind. Regelmäßig verkauft er seine Ferkel. Mit den Einnahmen sorgt er dafür, dass seine Kinder im benachbarten Koboko-Distrikt eine gute Ausbildung erhalten. „Ich möchte dort auch Land kaufen. Meine Kinder sollen es einmal einfacher haben als ich“, sagt er.

Mit dem eigenen Geschäft die Familie versorgen

Auch die 33-jährige Jane Adare kam aus dem Südsudan nach Uganda ins Rhino Camp. Hier nimmt sie an der Innovationsgruppe der lokalen Partnerorganisation Kulika Uganda teil, mit der Malteser International seit 2019 das Projekt "Creative Capacity Building" im Rhino Camp organisiert. Die Teilnehmenden besprechen in Workshops ihre alltäglichen Herausforderungen und entwickeln dafür technische Lösungen, mit denen sie sich ein Geschäft aufbauen. Sie erhalten Unterstützung bei der Umsetzung sowie Schulungen zu unternehmerischen Fähigkeiten, wie Geschäftsauswahl, Marketing, Preisgestaltung und Buchführung.

Gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Mary Kiden (35) erkannte sie, dass der Bedarf an Snacks in der Region hoch ist, denn die Menschen müssen oft lange Strecken zu Fuß zurücklegen. Gemeinsam entwickelten sie eine Presse, mit der sie „Tamia“ herstellen: traditionelle Snacks auf Basis von Sojabohnen, die sie für 500 Schilling die Tüte (umgerechnet rund 12 Cent) verkaufen. Normalerweise wird der Snack mit der Hand gerollt, die Presse ermöglicht den beiden viel schneller und mehr zu produzieren und letztlich zu verkaufen. Ihren Prototypen verwenden die beiden selbst, drei weitere Pressen sind für den Verkauf bestimmt.

Von dem Geld, das sie mit dem Geschäft verdienen, konnten Jane und Mary bislang ihre Familien mit dem Nötigsten versorgen. Doch seit die Nahrungsmittelhilfen gestrichen wurden, läuft es auch für sie schlechter. „Die Menschen müssen nun alles Geld für ihre Grundversorgung ausgeben“, berichtet Jane.

Fokus darauf, die Lücken in der Grundversorgung zu schließen

Moses, Jane und Mary konnten sich dank der Unterstützung eine Zukunft aufbauen. Doch wie wird es für die Menschen werden, die heute ankommen und diese Hilfen nicht mehr erhalten? Zwei Drittel der Geflüchteten sind Frauen, die oft allein mit mehreren Kindern nach Uganda kommen. Wie sollen sie ganz auf sich gestellt ihre Familien ernähren und ihren Kindern eine Ausbildung ermöglichen?

Malteser International wird mit seinen lokalen Partnerorganisationen den Menschen weiter zur Seite stehen und insbesondere versuchen, die Lücken in der Grundversorgung in der Gesundheit und dem Bereich WASH (Wasser, Sanitär, Hygiene) zu schließen, die durch die Budgetkürzungen der öffentlichen Geber entstanden sind. Amandine Desaunay: „Jeder Euro zählt und jede Unterstützung ist wichtig!“

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