Jobs durch CO2-neutrales Bauen: Schulgeld für ein Jahr
„Ich möchte Ingenieur werden und eines Tages wieder in mein Land zurückkehren, um dort zu arbeiten“, sagt Emmanuel Muluji. Der 19-Jährige lebt im Rhino Camp im Nordwesten Ugandas. Hier besucht er die Rhino Camp High School, eine der wenigen höheren Schulen in der Region, die sowohl Einheimischen als auch Flüchtlingskindern offen steht. Sein Schulgeld verdient er sich in einem innovativen Projekt, das Malteser International gemeinsam mit dem Sozialunternehmen Impact Building Solutions Foundation (IBSF) ins Leben gerufen hat: beim Bau neuer Gebäude aus dem klimaneutralen Baustoff Reisstrohpaneele.
Emmanuel floh im Jahr 2016 vor den anhaltenden Kampfhandlungen aus seiner Heimat Kajo Keji im Südsudan nach Uganda. Seine Eltern sind nicht mehr am Leben. Im Rhino Camp wohnt er bei einer Art Vormund, mit dem er den Südsudan verließ und der sich um ihn kümmert. Emmanuel nennt ihn „Onkel“.
„Mein Onkel arbeitet als Farmer, es gibt hier kaum andere Arbeit. Es ist sehr schwer für ihn, meine Schulgebühren und die Kosten für Bücher, Kleidung und Schreibmaterial zu bezahlen“, sagt er.
In Uganda leben mittlerweile mehr als 1,3 Millionen Flüchtlinge, die meisten stammen aus dem Südsudan. Das Land steht vor enormen Herausforderungen: Noch immer gibt es nicht genügend Unterkünfte für alle Menschen. Der lokale Arbeitsmarkt ist unter Druck, insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit ist in Uganda ein großes Problem. Zusätzlich fehlt es an sozialer Infrastruktur, es gibt zu wenige Schulen und Gesundheitszentren.
In Kajo Keji besuchte Emmanuel die weiterführende Schule, musste aber nach seiner Flucht zunächst mit der Schule aussetzen. Seit 2018 geht er nun auf die Rhino Camp High School.
Abfallprodukt Reisstroh als alternatives, umweltschonendes Baumaterial nutzen
Sein Schulgeld verdient er sich, indem er während der Ferien auf den Baustellen der Impact Building Solutions Foundation (IBSF) arbeitet. Gemeinsam mit Malteser International hat das Sozialunternehmen IBSF ein innovatives Projekt in Uganda gestartete, das sowohl für mehr Arbeitsplätze für Einheimische und Flüchtlinge sorgen, als auch die Umweltbelastung in der Region verringern soll.
Die Idee: Reisstroh, ein in Uganda häufig entstehendes Abfallprodukt in der Landwirtschaft, wird in Form gepresster Reistrohpaneele als Baumaterial weiterverwertet. Bislang wurde Reisstroh nach der Ernte von den Bauern verbrannt. Mit der weiteren Nutzung entfallen nun nicht nur diese hohen CO2-Emissionen.
Die Produktion der Reisstrohpaneele bietet zudem eine umweltschonende Alternative zur in Uganda vorherrschenden Ziegelsteinbauweise, die in der Herstellung große Mengen an Brennholz und Wasser verbrauchen und für eine massive Zerstörung der natürlichen Umwelt verantwortlich sind.
Rund 1.000 neue Arbeitsplätze für Menschen in der Region
Malteser International und IBSF erwarten zudem einen positiven Effekt für die lokale Wirtschaft: „Die weitere Nutzung des Reisstrohs schafft eine neue Wertschöpfungskette für die Landwirte in der Region. In der Produktion der Strohpaneele wiederum entstehen Arbeits- und Ausbildungsplätze“, sagt Roland Hansen, Leiter der Afrikaabteilung bei Malteser International. Am 22. August eröffnete IBSF seine erste Fabrik zur Herstellung von Reisstrohpaneelen in Uganda in der Ortschaft Lolim. Geplant ist, dass in Zukunft bei voller Auslastung der Fabrik rund 100 Menschen in der Fertigung Arbeit finden.
Weitere 900 Menschen sollen in geplanten Bauprojekten beschäftigt werden. In Zusammenarbeit mit Malteser International hat IBSF bereits einige Gebäude mit dem äußerst stabilen Baumaterial Reisstrohpaneele errichtet, darunter ein Schulanbau in der Rhino Camp High School, ein Teamhaus für die Mitarbeiter von Malteser International im Rhino Camp und ein Trainingszentrum am Lubaga Hospital in Kampala.
Auf der Baustelle das Schulgeld für ein Schuljahr verdient
Emmanuel ist einer derjenigen, die bereits heute von dem Projekt profitieren: Im Sommer 2018 half er beim Bau des neuen Anbaus seiner Schule. „Ich habe schon genug verdient, um das Schulgeld für das kommende Schuljahr zu bezahlen und mir Bücher und die Schuluniform zu kaufen“, berichtete er damals.
Auch in diesem Sommer arbeitet er wieder auf einer Baustelle von IBSF, um das kommende Schuljahr zu finanzieren. In der Ortschaft Omugo, rund anderthalb Stunden Autofahrt nördlich vom Rhino Camp gelegen, hilft er beim Bau einer von Malteser International unterstützten Geburtsklinik. Seinem Ziel, eine gute Ausbildung für eine bessere Zukunft zu erhalten, ist er damit wieder einen Schritt näher gekommen.
(August 2019, Elena Stein)
Mehr zum Reisstrohprojekt von IBSF und Malteser International lesen Sie hier.