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44 Tage ohne Tageslicht - Schilderungen aus dem Krieg in der Ukraine

Als der Krieg in der Ukraine ausbricht, lebt Nadiya mit ihrer Familie in der ostukrainischen Stadt Charkiv. Neben Kiew und Odessa gehört Charkiv zu den ersten Städten, die zum Beginn des Kriegs von der russischen Armee angegriffen werden. Um sich und ihre beiden Töchter in Sicherheit zu bringen, zieht die Familie am 24. Februar, am ersten Tag des Krieges, in den Keller des Hauses. Nadiyas ältere Tochter ist damals acht Jahre alt, die Kleine gerade einmal vier Monate. „Von draußen drangen Geräusche zu uns, die wir noch nie zuvor gehört hatten. Ich konnte sie nicht zuordnen. Es war ein Lärm, der uns Angst machte. Diese Zeit hat mich traumatisiert“, sagt Nadiya.

"Ich fühle mich manchmal wie ein Zombie"

Nach einigen Wochen fühlt sich die Familie auch im Keller nicht mehr sicher und beschließt, Charkiw zu verlassen. Am 9. April schließen Nadiya und ihre Familie sich einer Evakuierung in den westlichen Teil der Ukraine, nach Lviv, an. Nach 44 Tagen sieht die Familie zum ersten Mal das Tageslicht wieder. „Meine achtjährige Tochter musste sich die Augen zuhalten, so sehr war sie von dem Licht geblendet. Es hat bestimmt 20 Minuten gedauert, bis sie die Hände von den Augen nehmen konnte. Da habe ich gedacht, mir bricht das Herz. Was haben wir den Kindern bloß zugemutet“, erzählt Nadiya. Die Erlebnisse aus den ersten Wochen des Krieges haben Nadiya gezeichnet. Unter den ständigen Explosionen in unmittelbarer Nähe hat ihr Gehör gelitten, erklärt sie. Und auch psychisch hat sie sich noch nicht erholt. „Bei jedem Luftalarm werfe ich mich auf den Boden und breche in Tränen aus. Die Angst ist mein ständiger Begleiter. Das sitzt tief, das bekomme ich nicht raus. Ich fühle mich manchmal wie ein Zombie“, berichtet Nadya. Auf der Flucht nach Lviv sieht Nadiya, wie Bomben einschlagen und Menschen sterben. „Ich wünsche niemandem, das zu sehen, was meine Familie und ich mitansehen mussten“, sagt Nadiya.

 

Vorerst in Sicherheit?

In Lviv findet Nadiyas Mann bereits nach wenigen Tagen einen neuen Arbeitsplatz und schon nach wenigen Wochen kann die Familie von einer Gemeinschaftsnotunterkunft in einen Wohncontainer ziehen. „Das Leben in der neuen Wohnung ist schon sehr viel komfortabler. Und von den Maltesern haben wir jetzt einen neuen Kinderwagen für meine kleine Tochter bekommen. Jetzt muss ich sie nicht mehr ständig auf dem Arm tragen, das ist einfach toll. Das Leben wird Stück für Stück etwas leichter, aber wir wissen nicht, wie lange es so sein wird. Denn mittlerweile gibt in auch in Lviv  immer häufiger Bombeneinschläge und Stromausfälle. Wie lange wir hier noch sicher sind, ist unklar. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es Frieden. Mehr brauche ich nicht“, sagt Nadiya.

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