Gaza und Libanon: »Die Situation ist kaum in Worte zu fassen«
Seine Seligkeit Pierbattista Kardinal Pizzaballa, Lateinischer Patriarch von Jerusalem. Foto: lpj.org
Die Eskalation der Gewalt im Heiligen Land seit Oktober 2023 hat großes Leid über die Menschen gebracht. Unter schwierigsten Bedingungen konnte Malteser International 2024 gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen Hilfe zu den Menschen im Libanon und in Gaza bringen.
»Die Situation der Bevölkerung in Gaza ist kaum in Worte zu fassen. Es gibt fast keine intakten Gebäude mehr. Was die Menschen dort seit Oktober 2023 durchmachen, ist erschütternd und absolut tragisch«, berichtet S. E. Fra’ Alessandro de Franciscis, damaliger Großhospitalier des Souveränen Malteserordens, nach seinem Besuch in der Pfarrei »Heilige Familie« in Gaza-Stadt. Im Mai 2024 hatte er mit Seiner Seligkeit Pierbattista Kardinal Pizzaballa, Lateinischer Patriarch von Jerusalem, und einem Malteser International Team die abgeriegelte Stadt besucht und dringend benötigte Lebensmittel zu den Menschen gebracht.
Gemeinsam mit dem Lateinischen Patriarchat von Jerusalem und dem Souveränen Malteserorden baute ein Expertenteam von Malteser International diese Hilfe danach weiter aus: Nachdem durch ein neues Verteilerzentrum die nötige Infrastruktur geschaffen wurde, erreichten ab Sommer 2024 sechs gemeinsame Hilfstransporte mit Lebensmitteln die Menschen im Norden Gazas. Gleichzeitig liefen die Planungen für die medizinische Versorgung an.
»Die Hilfslieferungen sind eine enorme Leistung, die unser Team trotz unglaublicher Schwierigkeiten vollbracht hat. Wir stehen bereit, auch unser medizinisches Hilfsprojekt zu beginnen, sobald der Zugang zu Gaza wieder möglich ist«, sagt Malteser International Generalsekretär Clemens Graf von Mirbach-Harff. Auch der neue Großhospitalier S. E. Dr. Josef D. Blotz, der im Februar 2025 berufen wurde, betrachtet dieses Projekt als eines der wichtigsten für seine zukünftige Arbeit (siehe Interview).
Libanon: Hilfe trotz Kampfhandlungen
Auch im Libanon entwickelte sich die Situation im Herbst 2024 katastrophal: Die Ausweitung des Krieges zwischen Israel und der Hisbollah hatte im September eine massive Fluchtbewegung ausgelöst: »Unter Einsatz ihres Lebens haben unsere Kolleginnen und Kollegen des libanesischen Malteserordens alles gegeben, um die vom Krieg betroffenen Menschen im Libanon weiter medizinisch zu versorgen«, berichtet Nayla El-Khoury, Country Representative für den Libanon bei Malteser International.
Ein Fokus der gemeinsamen Arbeit im Libanon liegt auf der Gesundheitsversorgung. Malteser International unterstützt den libanesischen Malteserorden beim Betrieb von sieben mobilen Kliniken und elf Gesundheitszentren. Vier zusätzliche spezialisierte mobile Kliniken in den Bereichen Zahngesundheit, Pädiatrie, Gynäkologie und Kardiologie werden 2025 ihre Arbeit aufnehmen.
Als 2024 die Kampfhandlungen zunahmen, wurden Gesundheitszentren und deren Teams aus umkämpften Regionen zwischenzeitlich in sicherere Gebiete verlegt, in die auch viele Menschen geflüchtet waren. Dort leisteten die Teams in Notunterkünften medizinische Hilfe, freiwillige Helfende verteilten Decken, Hygiene- und Sanitärartikel und die mobilen Küchen versorgten die intern Vertriebenen mit warmen Mahlzeiten.
Waffenruhe in Gaza und dem Libanon
Mit Eintreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah im Dezember 2024 konnten die mobilen Kliniken im Süden des Libanons ihre Arbeit wieder aufnehmen. Auch wenn die Situation angespannt bleibt, ist die Hoffnung auf ein permanentes Ende der Kämpfe groß. Weniger optimistisch ist die Aussicht für die Menschen in Gaza, die kaum Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer katastrophalen humanitären Lage haben.
Wie wird es in der Region weitergehen? Dr. Abdalla Khoury, Arzt der mobilen Klinik in der Region Akkar im Libanon: »Ich arbeite seit 2014 bei der mobilen Klinik der Malteser in Akkar. Wir bemühen uns um jede Patientin und jeden Patienten. Wir müssen weiter voller Hoffnung handeln.«
»Die mobilen Kliniken der Malteser haben mir nicht nur bei der Gesundheitsvorsorge geholfen, sondern mich auch mit psychosozialer Hilfe dabei unterstützt, mich weiterzuentwickeln und an mir zu arbeiten.«
Fatwa Sleiman, 49, floh 2013 aus Syrien in den Libanon, seit acht Jahren Patientin der mobilen Klinik.