
Der Ukraine-Krieg erklärt: aktuelle Situation, Hintergründe und wie wir helfen
Der Russland-Ukraine-Konflikt dauert seit etwa 2013 an und hat sich im Verlauf immer weiter zugespitzt. Am 24. Februar 2022 eskaliert er schließlich in einem Angriffskrieg durch Russland auf die Ukraine. Etwa zwei Monate nach Kriegsbeginn fielen der Invasion bereits Tausende Menschen, sowohl Zivilpersonen als auch Soldaten, zum Opfer. Genaue, verifizierte Zahlen gibt es bislang nicht. Millionen Menschen aus der Ukraine, vor allem Frauen und Kinder, sind bereits in benachbarte Staaten, vor allem nach Polen, und weitere europäische Länder geflüchtet und auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Gemeinsam mit den bestehenden Malteser-Strukturen vor Ort leistet Malteser International seit der Eskalation des Kriegs rund um die Uhr Nothilfe für die notleidenden Menschen in der Ukraine sowie in den Nachbarstaaten und weiteren Ländern, in denen die Geflüchteten ankommen. Bereits seit vielen Jahren setzen sich die deutschen Malteser und Malteser International im Bereich Sozial- und Gesundheitswesen, mit Hilfsgütern sowie psychosozialen Unterstützungsangeboten in der Ukraine ein, um die Auswirkungen des jahrelangen Konflikts für die Betroffenen abzumildern. Im Folgenden erfahren Sie mehr über die Hintergründe und Akteure des Russland-Ukraine-Konflikts, eine Chronologie der wichtigsten Ereignisse und wie Malteser International hilft.
Krieg in der Ukraine: die aktuelle Situation (Stand: April 2022)
Nachdem Russland bereits im Jahr 2021 begann, russische Truppen an der ostukrainischen Grenze zu positionieren, wuchs die Zahl der Soldaten im Februar 2022 auf etwa 150.000 an. Nach dem gewaltsamen Einmarsch russischer Truppen am 24. Februar 2022 in die Ukraine und dem Beschuss mehrerer Städte, wie der Hauptstadt Kyiv (deutsch „Kiew“), sind Stand Anfang April 2022 bereits rund 5 Millionen Menschen aus der Ukraine in europäische Nachbarstaaten geflüchtet (Stand: 18.04.2022).
Über 7 Millionen Menschen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht (Stand: 01.04.2022). Tausende Menschen, darunter auch zahlreiche Zivilistinnen und Zivilisten, haben während der Angriffe ihr Leben verloren. Genaue Zahlen der Opfer lassen sich jedoch aufgrund des noch andauernden Kriegs nicht in Gänze ermitteln.
Neben Sanktionen für Russland durch die NATO und EU, haben viele Länder humanitäre Hilfe für die Geflüchteten sowie für die Menschen vor Ort veranlasst. Auch wird die Verteidigung gegen den Angriff durch Waffenlieferungen von Deutschland und weiteren Staaten unterstützt.
Die Hintergründe des Ukraine-Kriegs: Akteure und Ursachen des Konflikts
Ursprünglich Teil der Sowjetunion ist die Ukraine seit der Auflösung der UdSSR im Jahr 1991 ein eigenständiger, von Russland unabhängiger Staat mit eigener präsidentieller Regierung. Um die Souveränität und die territorialen Grenzen des Landes zu wahren, verständigten sich Russland und die NATO auf einen gemeinsamen Stabilitäts- und Sicherheitsraum in Europa. Ungeachtet dessen führte der Beitritt mehrerer osteuropäischer Staaten mit direkten Grenzen zu Russland, wie dem Baltikum oder Polen, zur NATO (auch als NATO-Osterweiterung bezeichnet) in den darauffolgenden Jahren jedoch immer wieder zu Spannungen zwischen Russland und dem Militärbündnis sowie zu einem seit 2013 andauernden Konflikt zwischen Russland und der angrenzenden Ukraine.
Chronologie seit 2013: Wie kam es zum Krieg zwischen Russland und der Ukraine?
Seit dem Zerfall der Sowjetunion befindet sich die Ukraine in einem immer wieder aufflammenden Konflikt mit dem benachbarten Russland. 2014 eskaliert der Konflikt mit der Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland. Seitdem herrscht Krieg in der Ukraine.
2013: Maidan-Proteste
Das Scheitern eines Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der Europäischen Union, welches eine weitere politische und wirtschaftliche Annäherung der Ukraine an den Westen bedeutet hätte, durch den damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch sorgt 2013 für die Euromaidan-Proteste, die sich gegen die prorussische und unter Korruptionsverdacht stehende Regierung der Ukraine richten. Hunderttausende Protestierende fordern einen Anschluss an die EU. Die gewaltsame Zerschlagung der Proteste kostet zahlreiche Protestierende das Leben.

2014: Konflikte in der Ostukraine bis zur Annexion der Krim
Im Februar 2014 unterzeichnet Präsident Janukowitsch einen Vertrag zur Beilegung der Krise, der jedoch vom russischen Gesandten nicht unterzeichnet wird. Janukowitsch flieht nach Russland, sodass eine Interimsregierung in der Ukraine eingesetzt wird und die Umsetzung der vereinbarten Kompromisse scheitert. Im März desselben Jahres kommt es in Folge der Auseinandersetzungen zur Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim durch russische Truppen. In den ostukrainischen Städten Donezk, Luhansk und Charkiw hissen prorussische Separatisten russische Flaggen auf Regierungsgebäuden. Ein als umstritten geltendes Referendum ergibt die mehrheitliche Abstimmung für einen Anschluss der Krim an Russland, woraufhin Russland die Halbinsel unter völkerrechtswidrigen Umständen annektiert.
Infolgedessen weitet sich der Krieg in die Donbass-Region aus, wo russische Separatisten die Regionalverwaltungsgebäude der Städte Luhansk, Donezk und Charkiw besetzen und sie zu „Volksrepubliken“ ausrufen. Gemeinsam mit Deutschland und Frankreich beraten Russland und die zu diesem Zeitpunkt unter neuer Führung von Petro Poroschenko stehende Ukraine über eine Lösung des Konflikts. Unterdessen wird im Juli die Passagiermaschine MH17, welche sich auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur befand, von prorussischen Separatisten über Hrabow in der Ukraine abgeschossen – 298 Zivilpersonen kommen dabei ums Leben. Die russische Regierung in Moskau weist jegliche Verantwortung für die Tat von sich. Im September gelingt es, einen Waffenstillstand (Minsk I) zu erwirken, der jedoch aufgrund weiterer Kampfhandlungen und Waffentransporte nicht standhalten kann.
2015: Abkommen Minsk II
Nach einer Eskalation am Flughafen Donezk mit zahlreichen toten Soldaten auf beiden Seiten wird ein erneutes Abkommen zur Beilegung des Kriegs (Minsk II) geschlossen. Ziel des Abkommens sind unter anderem eine Waffenruhe, die Einführung von Sicherheitszonen in der Ostukraine sowie Neuwahlen und Autonomierechte für die umkämpften Regionen Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine. Zudem soll das Minsker Abkommen zu einer ukrainischen Verfassungsreform führen, nach der eine Dezentralisierung des Staats angestrebt wird. Ein gänzlicher und dauerhafter Waffenstillstand kann jedoch nicht erzielt werden und es kommt weiterhin zu Gefechten zwischen ukrainischen Soldaten und prorussischen Separatisten.
2018: Auseinandersetzung in der Meerenge von Kertsch
Durch die vermehrte Kontrolle des Seewegs durch Russland wird der Zugang zu den wichtigen Hafenstädten Mariupol und Berdjansk erschwert, was zu wirtschaftlichen Schäden für die Ukraine führt. Ende 2018 kommt es in der Meerenge von Kertsch, die direkten Zugang zu den Städten bietet, zu Auseinandersetzungen zwischen der ukrainischen Marine und der russischen Küstenwache.
2019: Wahl des neuen Präsidenten Selenskyj
Der neue Präsident Wolodymyr Selenskyj tritt sein Amt an und setzt sich für Reformen sowie eine Beilegung des Kriegs in der Ostukraine ein. Im Dezember gelingt es, eine erneute Waffenruhe zu erwirken, in deren Folge Kriegsgefangene beider Länder ausgetauscht werden.
2021: Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze
Die Gefechte zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Truppen nehmen im Frühjahr 2021 erneut zu. Infolgedessen werden russische Truppen mit einer Stärke von etwa 90.000 Soldaten an der ostukrainischen Grenze positioniert. Die Ukraine sowie die NATO sehen in der Truppenbewegung mögliche Anzeichen für die Vorbereitung auf eine Invasion. Im November werden die russischen Truppen auf etwa 130.000 Soldaten und schwere Artillerie aufgestockt, was zu ersten Warnungen vor Sanktionen seitens der EU an Russland führt. Putin wendet sich mit Forderungen an die NATO (unter anderem einen Stopp der NATO-Osterweiterung), welche größtenteils abgelehnt werden.
2022: Eskalation und Beginn des Kriegs
Anfang des Jahres versuchen Länder wie Deutschland, Frankreich und die USA zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln und eine Entschärfung der Lage zu erwirken. Die Gespräche verlaufen weitestgehend ergebnislos. Noch im Januar kündigen erste Länder wie Großbritannien, Litauen oder die USA die Lieferung von Defensiv-Waffen an die Ukraine an. Im Februar werden Teile der US-Truppen in osteuropäische NATO-Länder verlegt. Im Februar spitzt sich die Lage weiter zu und Geheimdienste warnen vor einer baldigen Invasion, sodass die Deutsche Botschaft in Kyiv ihr Personal abzieht und deutschen Staatsangehörigen zur Ausreise rät. Präsident Putin bestreitet unter anderem in einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz weiterhin, Angriffspläne zu hegen. Der angekündigte Abzug russischer Truppen an der ukrainischen Grenze bleibt aus.
In den Gebieten Donezk und Luhansk kommt es am 18. und 19. Februar zu einer Zunahme der Kampfhandlungen und über 1.500 Verletzungen der Waffenruhe. Am 21. Februar erkennt Präsident Putin Donezk und Luhansk als unabhängige Volksrepubliken an und spricht der Ukraine ihre Souveränität ab, was einen Bruch des Minsker Abkommens bedeutet. Daraufhin werden erste Sanktionen durch die EU und die USA an Russland im Bereich Energie, Banken, Handel und Wirtschaft sowie für einzelne Personen und Politikerinnen und Politiker verhängt. Am 24. Februar eskaliert die Situation schließlich und es kommt zum gewaltsamen Einmarsch Russlands in die Ukraine. Mehrere Städte, darunter auch die Hauptstadt Kyiv, werden vom Boden und aus der Luft beschossen, Tausende Zivilpersonen flüchten in benachbarte Länder.
Unsere Hilfe in der Ukraine und den Nachbarländern

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 sind laut UN etwa 12 Millionen Menschen in der Ukraine auf humanitäre Hilfe angewiesen, rund fünf Millionen sind bereits aus dem Land geflohen (Stand: 18.04.2022). Mehr als 7 Millionen weitere Ukrainerinnen und Ukrainer sind innerhalb des Landes auf der Flucht (Stand: 01.04.2022). Die Nöte und humanitären Bedarfe der vom Krieg betroffenen Menschen sind groß. Sie sind auf sichere Unterkünfte, Verpflegung, psychosoziale und medizinische Versorgung angewiesen.
Schon vor der Eskalation des Krieges im Jahr 2022 war die humanitäre Lage durch die andauernden Kämpfe in der Ukraine schwierig. Malteser International setzt sich, in Zusammenarbeit mit Malteser Deutschland und den Maltesern vor Ort, bereits seit den 90er Jahren für die Menschen in der Ukraine ein. So erfolgte im Februar 1993 durch gemeinsame Bemühungen die Gründung der ukrainischen Malteser Hilfsorganisation „Maltijska Služba Dopomohy“ (MSD) mit Hauptsitz im westukrainischen Lviv. Seit 2015 leisten wir mit den ukrainischen Maltesern psychosoziale Betreuung für vertriebene Menschen in den Regionen Luhansk und Donezk in der Ukraine.
Seit Tag 1 des Angriffskriegs durch Russland stehen wir in engem Kontakt mit den Maltesern in der Ukraine und den Nachbarländern und unterstützen ihre Hilfen finanziell, koordinierend, mit Hilfsgütertransporten, Personal und weiteren wichtigen Nothilfe-Maßnahmen, die wir dynamisch den sich verändernden Situationen und Bedarfen anpassen. In der Ukraine selbst stellen die Malteser Notunterkünfte bereit, verpflegen die fliehenden Menschen mit warmen Mahlzeiten, Wasser, Decken und weiteren Hilfsgütern, leisten medizinische Versorgung sowie psychosoziale Unterstützung für die häufig traumatisierten Menschen. In den Nachbarländern wie Polen, Ungarn, der Slowakei oder Rumänien nehmen die Malteser die Geflüchteten an den Grenzübergängen in Empfang, versorgen sie mit Essen, Getränken, Hygieneartikeln, stellen medizinische Behandlungen bereit oder unterstützen beim Transport in sichere Notunterkünfte. Auch in weiteren Ländern Europas wie Deutschland sind bereits unzählige Geflüchtete angekommen und werden von Maltesern versorgt und unterstützt.